Kalorie gleich Kalorie
Ich möchte hier die Frage klären, ob eine Kalorie immer exakt eine Kalorie ist.
Wir können auf diese Frage, für das Verständnis, auch noch ein anderes Beispiel hernehmen, nämlich:
Ist ein Kilometer immer ein Kilometer?
“Ja” wäre eine einfache Antwort, denn ein Kilometer besteht immer aus 1000 Metern. Doch die Gegebenheiten des Wegs können sich stark unterscheiden. Ist der Weg asphaltiert oder ist es ein wurzeliger Waldweg, der auf einen Berg hinaufführt? Für die Asphaltfläche müssen wir uns weniger anstrengen, schwieriger wird es aber, wenn wir über Stock und Stein einen Berg hinauf wandern wollen.
So ähnlich könnte man die Kalorien in Lebensmitteln betrachten.
Ein Beispiel:
Wir liefern dem Körper 500 kcal aus verarbeiteten Lebensmitteln. Ausgemahlenes Weizen, wenig Ballaststoffe und wenig Protein. Der Körper kann die Bestandteile der Nahrung fast ohne Umwege direkt verarbeiten. So ähnlich wie wir die Strecke auf dem Asphalt schon fast im Schlaf erledigen können.
Liefern wir dem Körper 500 kcal aus unverarbeiteten Lebensmitteln, dann muss sich der Körper erstmal den Zugang zu den eigentlich für ihn wichtigen Nährstoffe verschaffen. Ballaststoffe sind “im Weg”, Zellen sind noch besser intakt.
Wie auch bei unserer Bergstrecke sind hier “Steine im Weg”, die erst umgangen oder beseitigt werden müssen.
Das heißt, wir müssen, um die 500 kcal zu verarbeiten, erstmal eine gewisse Menge an Energie (was ja auch in Form von kcal beschrieben werden kann) aufwenden.
Eine relativ einfach zu lesende Studie von Barr und Wright vergleicht den Energieaufwand, den der Körper betreiben muss, um ein Sandwich zu verdauen. [1]
Dabei vergleichen sie ein eher unverarbeitetes Sandwich mit einem verarbeitetem Sandwich.
Sie stellten fest, dass der Körper aus dem Sandwich rund 10% mehr Netto-Energie erbeutet, als im Vergleich zum unverarbeiteten.
Interessant war die Erkenntnis, dass der Stoffwechsel für die nächsten 6 Stunden beim Konsum des unverarbeiteten Sandwich höher war, als bei dem verarbeiteten. Dazu kommt, dass der Stoffwechsel beim verarbeitetem Sandwich nach einigen Stunden sogar noch weiter absank als vor der Einnahme.
Average increase in metabolic rate (±SE) above basal metabolic rate for 6 h after whole (□) and processed (▴) meal trials for 17 healthy individuals.
Was die Sättigung betrifft, so ergab sich nach Angaben der Probanden keinen signifikanten Unterschied zwischen den zwei Varianten.
Eine kcal bleibt technisch gesehen immer eine kcal, nur muss man beachten in welcher Form man diese zu sich nimmt und wie sehr sich der Körper damit beschäftigen muss. Diese oben genannten Werte gelten nur für das erwähnte Sandwich. Allerdings ist anzunehmen, dass es z. B. auch bei Smoothies vs. unverarbeiteten Pflanzen und Haferflocken vs. Dinkelpops/Cornflakes so aussehen wird.
Die Lebensmittel sind bis auf das Feinste bearbeitet und dann wieder zusammengesetzt, dem Körper wurde also schon viel Arbeit abgenommen. (Die fehlenden Nährstoffe sind ein anderes Thema.)
Mein Tipp: Hört auf mit Reiswaffeln und konzentriert euch auf möglichst unverarbeitete Lebensmittel, aber übertreibt es nicht.
Spaß und Genuss und Freude, neue Produkte zu probieren, soll nicht verloren gehen.
Schöne Grüße
Daniel Keckeis
Barr SB, Wright JC. Postprandial energy expenditure in whole-food and processed-food meals: implications for daily energy expenditure. Food Nutr Res. 2010;54:10.3402/fnr.v54i0.5144. Published 2010 Jul 2. doi:10.3402/fnr.v54i0.5144
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2897733/